Natalies Diary
Natalie Barth Mutter
Frauenthemen

Kinderlos glücklich? Muttersein muss nicht sein!

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„Ich möchte keine eigenen Kinder. Das gehört nicht zu meiner Lebensplanung.“ Ich habe immer wieder kinderlose Frauen getroffen, die genau so denken. Aber es fällt manchen von ihnen schwer, das auch nach Aussen hin zu vertreten, weil sie die Erfahrung machten, dass es irgendwie nicht so gut ankommt. Kinderlos zu sein und das auch noch gut finden? Das wird in so manchem Umfeld, in dem viele von uns eingebettet sind, tatsächlich abgelehnt.

„Was, Du willst keine Mutter sein? Aber das ist doch etwas ganz natürliches für eine Frau. Das gehört zum Frau-sein dazu: Leben schenken.“

Ganz krass finde ich folgende Aussagen, die sich eine kinderlose Frau anhören musste: „Von ‘Du bist doch irgendwo nicht richtig im Kopf’, ‘Du bist egoistisch’, ‘Bei dir ist doch in der Kindheit was falsch gelaufen, dass du keine Kinder willst’ bis ‘Dann bist du doch keine vollwertige Frau’, ‘Du musst doch den Generationenvertrag erfüllen’, ‘Du solltest mehr Rentenbeiträge zahlen’ und ähnliche pseudo-moralschwangere/selbstgerechte Sprüche darf ich mir regelmäßig anhören….» (Quelle: Die Zeit)

kinderlos Rente

Warum ich kinderlos bin

Ich selbst habe in dieser Frage eine Wellenbewegung im Lauf der letzten 25 Jahre erlebt. Als junge Erwachsene konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, Kinder zu haben. Ich spürte diesen Drang einfach nicht, den viele meiner Altersgenossinnen für ganz normal hielten. Das Bedürfnis, das Verlangen Mutter sein zu wollen, war bei mir nicht vorhanden. Kinderlos zu bleiben war für mich eine für mich eine richtige und akzeptable Entscheidung. 

Ein klein wenig schiebe ich das auf die Sekte, in der ich aufwuchs, weil dort das Ende der Welt im Vordergrund stand. Es wurde tatsächlich immer wieder darauf hingewiesen, dass es jetzt eher an der Zeit wäre, sich für das Menschenlebenretten einzusetzen (indem ich schön brav viele Leute dazu bringe, ebenfalls Zeugen Jehovas zu werden), als Kinder in die Welt zu setzen.  Allerdings gab es trotzdem sehr viele (wenn nicht sogar die meisten) Zeugen Jehovas, die das herzlich wenig interessierte und dann eben doch ihre 2-3 Kinder fabrizierten. 

Reisen kinderlos Freiheit

Für mich waren aber noch zwei andere Gründe ausschlaggebend. Ich wollte das bischen Freiheit, das mir neben dem Glauben noch blieb, nicht komplett verlieren. Ich wollte Reisen und tun, was mir gefällt. Und der zweite Grund war, dass ich hauptsächlich das Tragische in der Welt sah und dieses Tragische meinen Kindern nicht antun wollte. 

Plötzlich doch Kinder?

Als ich mit über 30 meinen Mann kennenlernte, änderte sich meine Einstellung – wenn auch nur kurzzeitig. Mit ihm konnte ich mir plötzlich doch vorstellen, ein Kind zu haben. Wir liessen den Dingen ihren Lauf, aber es kam nie dazu, dass ich Mutter wurde. Viele Frauen wären an dieser Situation wohl verzweifelt. Ich nicht. Es war okay für mich. Wenn es sein soll, dann soll es sein und wenn nicht, dann eben nicht. Eine künstliche Befruchtung kam für mich niemals in Frage. Das war mir dann doch zuviel Eingriff in die Natur. Während der meisten Zeit der letzten Jahre, war ich eher erleichtert, dass es nie so weit kam. Es gab aber auch Momente, in denen ich traurig war, dass ich kinderlos war.  Die lassen sich zwar an einer Hand abzählen, aber sie waren da.

Ich kann somit ein Stück weit in drei Welten eintauchen: In das Gefühl, ich wäre gerne Mutter. In die Traurigkeit, dass es nicht klappt. Und in das Gefühl, ich will genau das für MEIN Leben nicht.

Ist das okay kinderlos sein zu wollen?

Ich möchte heute einfach mal in den Raum stellen, dass Frauen heute glücklicherweise die Entscheidung selbst treffen können, ob das Muttersein für sie in Frage kommt. Dass ihnen nicht mehr von der Gesellschaft oder der Natur vordiktiert wird, wie sie sich zu verhalten haben – unabhängig davon, was sie selbst für sich wollen. 

Aber anscheinend ist es nicht ganz so leicht, dies auch vor anderen zu vertreten. Denn Fakt ist, dass es für viele einfach zum Standardprogramm des Lebens gehört, einen Partner kennenzulernen, diesen vielleicht sogar zu heiraten, sich ein gemeinsames Haus zu kaufen und dann Kinder grosszuziehen. Wenn einem das gefällt, bitte, nur zu. Wäre es aber nicht wichtig, sich selbst erst mal klar zu werden, ob man das WIRKLICH will oder nur tut, weil „man das eben so tut oder es schon immer so war“?

Alternative Lebensmodelle?

Unterstützen kinderlos

Wir Frauen können uns gegenseitig viel mehr unterstützen, wenn wir anderen zugestehen, dass sie ein ganz anderes Leben, als wir selbst führen (wollen). Wenn wir akzeptieren, dass es auch vollkommen differente Lebensphilosophien gibt und diese genauso in Ordnung sind wie die eigene. Ob das nun das Kinderkriegen oder das Heiraten / „mit einem Partner leben“ ist. Wir haben gesellschaftliche Konventionen, die wir kaum in Frage stellen und wenn es jemand tut, gehen wir auf ihn los, als wäre er / sie ein Bekloppter. 

Eine Frau möchte keine Mutter sein? Oder sie will unbedingt Mutter sein, aus ihrem tiefsten Herzen? Beides ist okay, solange SIE es so möchte. Oder vielleicht kommt eine Adoption in Frage – als Alternative, wenn man keine Kinder bekommen kann oder sogar als erste Wahl, obwohl man Kinder kriegen kann? Ein Paar möchte heiraten oder einfach zusammenleben? Oder zwei haben eine Partnerschaft, möchten aber getrennte Wohnungen? Hm, oder ganz andere Vorstellungen, die bei den meisten dann schon für Schluckstörungen sorgen: Offene Beziehung? Polygamie? Polyamorie? 

Konventionen über den Haufen schmeissen

Gut, das führt in diesem Artikel nun etwas zu weit. Grundsätzlich möchte ich damit andeuten, dass wir uns zu oft den Konventionen, Vorstellungen und Erwartungen von Aussen unterwerfen. Und ich behaupte mal, gerade dann, wenn wir ein Leben leben, das uns eigentlich selbst nicht gefällt, können wir anderen oft nicht zugestehen, dass SIE sich nicht an diese Konventionen halten. Dass SIE sich eine Freiheit herausnehmen, die WIR uns nicht zugestehen.

Um nochmal auf die Situation „kinderlos“ ohne Bedürfnis nach dem Muttersein zurückzukommen: Da gibt es Frauen, die sich selbst ein wenig mit dem Muttersein überfordert fühlen, die die nicht so rosigen Seiten der Elternschaft erleben und sich manchmal ihre Freiheit zurückwünschen. Vielleicht sind es genau die, die oft diese unbedachten Äusserungen bei anderen zurücklassen und behaupten, dass das Muttersein zum Frausein und zur Weiblichkeit dazugehört? Und damit in anderen das Gefühl hinterlassen, als kinderlose Frau so nicht in Ordnung zu sein? Irgendwie fehlerhaft, wenn man diesen Wunsch nicht verspürt?

kinderlos Mutter

Mutter oder kinderlos – sich selbst akzeptieren

Selbstakzeptanz ist für mich eines der zentralsten Themen. In meinem eigenen Leben, aber auch in meiner Arbeit als Wegbegleiterin für Frauen. Mich selbst mit all meinen Wünschen und Bedürfnissen zu akzeptieren, ist ein grundlegender Faktor für ein hauptsächlich glückliches Leben. 

Um mich selbst zu akzeptieren, muss ich mich aber auch kennen.  Was wünsche ich mir? Was begeistert mich? Was raubt mir Energie? Was tut mir gut? Wer tut mir gut? Was triggert mich total? Was bringt mich aus der Fassung? Wann spüre ich Angst, Trauer, Wut, Freude, Leichtigkeit? Und warum?

Dieses „sich selbst kennenlernen“ ist eine spannende Reise, die ein Leben lang andauert. Es wird niemals den Punkt geben, an dem ich genau weiss „DAS bin ich jetzt. JETZT kenne ich mich wirklich.“ Denn wir verändern und wandeln uns während dieser Lebensreise auch immer wieder. Ob uns das nun bewusst ist oder nicht.

Und manchmal kostet es auch wirklich Mut, zu diesen eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu stehen. Sich nicht dem Druck und den Erwartungen von Aussen zu beugen, sondern ein eigenes Lebenskonzept aufzustellen und sich danach auszurichten. Diesen Mut und diese Ehrlichkeit zu sich selbst, wünsche ich jeder Frau, die diese Zeilen liest.

Zum Weiterlesen: 

Eine Frau, die aufräumt mit dem Vorurteil, dass man nur dann ganz „Frau“ sein kann, wenn man Mutter ist: https://www.frauenland.ch/artikel/kinderlos-ist-absolut-ok

Eine Frau, die mit ihrer unfreiwilligen Kinderlosigkeit haderte und lernte damit fertig zu werden: https://editionf.com/ungewollt-kinderlos-und-trotzdem-gluecklich-ja-und-frauen-wie-ihr-habt-mir-dabei-geholfen/

Lass mich wissen, was Du zu dem Thema meinst: Hier in den Kommentaren oder per Email an:

info@naturali.ch

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10 Comments

  • Ulrike

    Ein großes Thema für Frauen. Vielen Dank für deine Geschichte. Ich erkenne mich etwas in dir, weil du auch nicht den Wunsch hattest, Kinder in die Welt zu setzen. Wahrscheinlich erst mit dem richtigen Mann kam die Idee, warum eigentlich nicht ein Kind mit ihm, mit dem Richtigen. Das habe ich mir manchmal vorgestellt, wie es gewesen wäre, wenn ich eine solche Beziehung gehabt hätte, ob bei mir auch der Wunsch nach einem Kind entstanden wäre? Was wäre wenn 😉 Warum dieser Mutterinstinkt bei mir nicht aktiviert ist, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass mir nichts fehlt und dass es mir gut geht. In Berlin ist es kein großes Thema, wenn man sagt, dass man keine Kinder hat. Hier leben Menschen in den unterschiedlichsten Beziehungen. Aber ich kann mich auch erinnern, dass ich manchmal anderswo nach meinem Familienstatus gefragt wurde und mich dann fragende und auch unverständliche Augen angeschaut haben. Es gab Zeiten, wo ich diese Frage umgehen wollte, weil es mir unangenehm war. Ich war nicht selbstsicher und wollte keine Außenseiterin sein. Es hat etwas gedauert, das mit der Selbstakzeptanz. Ich finde Familienleben schön und ich liebe Kinder. Wenn ich mal Babys auf dem Arm habe, dann geht mir das ans Herz, so süß finde ich sie. Aber ein Kind zu haben und es zu erziehen erschien mir als eine unglaublich große Verantwortung und ich war dem nicht gewachsen, bzw. ich wollte das nicht. Man sieht ja auch oft, wie Eltern mit der Erziehung überfordert sind. Und so vielen Kindern geht es nicht gut. Trotzdem bleibt die Familienplanung natürlich jedem selbst überlassen. Wir Menschen sind so unterschiedlich und wir sollten jeden so leben lassen, wie er es möchte. Ich habe festgestellt, dass es Menschen, die sich zu sehr in andere Leben einmischen, selbst nicht gut geht. Wahrscheinlich, um von sich abzulenken. Ein gutes Thema mit der Selbstakzeptanz und ja, es ist nie abgeschlossen.

    • Natalie

      Liebe Ulrike
      finde ich sehr schön, wie Du das schreibst und auch so offen schilderst, wie es Dir damit geht und was Deine Erfahrungen sind. DA bin ich mir sicher, dass das in Berlin nicht so das grosse Thema ist. Find ich gut. Vielleicht kommt die Offenheit gegenüber anderen Lebensarten auch noch in anderen Gebieten in nächster Zeit. Je offener darüber gesprochen wird, desto mehr wird es wohl so sein.

  • Ash-Li

    Ich habe eine Tochter. Eigentlich wollte ich zwei Kinder. Aber wegen der Scheidung gab es – glücklicherweise – nur eines. Das war viel genug, wie ich erlebt habe als alleinerziehende Mutter. Der Wunsch nach dem zweiten Kind ist nie wieder in mir hoch gekommen. Wäre ich nochmals schwanger geworden, hätte ich aber bestimmt nicht abgetrieben. Dafür ist mir das Leben zu heilig. (Gibt es das überhaupt??? :D)
    Ja, Kinder zu haben oder nicht sollte immer die freie Entscheidung der potentiellen Mutter oder eben auch des potentiellen Vaters und der potentiellen Mutter sein. Das ist ganz klar.

    Zitat Natalie:
    “Es wird niemals den Punkt geben, an dem ich genau weiss „DAS bin ich jetzt. JETZT kenne ich mich wirklich.“ Denn wir verändern und wandeln uns während dieser Lebensreise auch immer wieder. Ob uns das nun bewusst ist oder nicht.”
    Sehr richtig. Aber es gibt individuelle Grundstrukturen (so nenne ich das jetzt einmal), die sollte man an sich kennen. Und die habe ich kennen gelernt. Das ist auch gut so. Veränderungen im “Aussen”, in der Denkweise, in allen Bereichen müssen sein, ansonsten könnten wir gleich “den Löffel abgeben”. Denn ein Stillstand wäre dem gleichzusetzen. Wenn ich mir vorstelle, ich wäre heute noch die, die ich mit 18 war – gute Nacht schöne Gegend. Aber für damals war es richtig. Das war ich. Und dazu stehe ich. So, wie ich auch heute zu mir stehe. 🙂

  • Edith Leistner

    Hallo Natalie,

    vielen Dank für deinen tollen Artikel. Ich bin Mutter. Leidenschaftlich gerne habe ich unsere Kinder erzogen. Und vielleicht habe ich auch manchmal eine andere Frau dadurch verletzt, dass ich einfach nur nachgefragt habe, ob sie Kinder hat. Dafür möchte ich gerne um Verzeihung bitten. Ich möchte immer mehr lernen, jede andere Frau in ihrer Einzigartigkeit stehen zu lassen. Es ist nicht wichtig, wie ich mich oder andere definiere, sondern wie ich liebe. Und das ist für mich ein lebenslanger Lernprozess.

    Liebe Grüße von Edith

    • Natalie

      Liebe Edith
      Von Herzen Danke für Deine Worte. Ich finde es total schön, wenn Du sagst, dass Du “leidenschaftlich gerne” Eure Kinder erzogen hast. So stelle ich mir eine liebevolle Mutter vor. Weisst Du, ich glaube mit der Frage, ob eine Frau Kinder hat, verletzt man noch niemanden. Das ist ja eine ganz legitime Frage. Was danach oft kommt, nämlich Unverständnis (und das kommt auch bei Leuten, die überhaupt gar keine Fragen stellen), ist das was manchmal komisch rüber kommt. Danke von Herzen für Deinen Beitrag. Alles Liebe für Dich

  • Margit Ricarda Rolf

    Liebe Natalie,

    meine beiden ersten Kinder hatte ich bereits, bevor wir Zeugen wurden. Das dritte Kind war das “Ergebnis” eines Hanna-Gebets. Ich wollte noch ein Kind in der Wahrheit groß ziehen und das vierte war mein Überraschungskind. Mein Nestbautrieb war also stark ausgeprägt.

    Ein Leben ohne Familie mit Kindern könnte ich mir nicht vorstellen. Dennoch kenne ich, schon durch meine Arbeit – viele Frauen, die allein glücklich sind. Einige haben gescheiterte Beziehungen hinter sich und sozusagen die Nase voll und bleiben lieber allein. Andere haben sich dazu bewusst entschieden und machen ganz tolle Sachen. Da wäre gar kein Raum für jemanden.

    Ich habe im Laufe meines Lebens gelernt, dass es für jeden und alles Gründe gibt. Das gilt nicht nur für Frauen, auch Männer haben Gründe sich gegen Familie und Kinder zu entscheiden.

    Was ich heute zunehmend vermisse, ist die Toleranz, das auszuhalten.

    Früher kannten wir das alte Fräulein, eine alte Dame, die voller Stolz mit 80 verkündete, sie sei Jungfrau. Wir kannten auch den ewigen Junggesellen. Beide gehörten zu unserer Gesellschaft. Heute unterliegen wir vielen Zwängen. Die Werbung und die Medien erklären uns, wie wir leben sollten, was wir essen, trinken, denken und fühlen sollen.

    Bei uns sagt man: Du kannst moken, wat du willst, de Lüt snackt doch.

    • Natalie

      Liebe Ricarda
      Genau, das denke ich mir auch: Die Toleranz für ein anderes Leben, als ich selbst es führe, ist doch etwas ganz entscheidendes und daran hapert es oft. Ist das plattdeutsch, was Du als letzten Satz geschrieben hast ? 🙂 Verstanden hab ich es auf jeden Fall.
      Schöne Woche Dir!

  • Sandra

    Liebe Natalie, vielen Dank für deine Offenheit! Du hast eine besondere Begabung Gedanken in Worte zu fassen. Sie treffen immer mitten ins Herz und das mit Niveau und mit einer positiven Energie. Das gefällt mir sehr gut und tut mir auch sehr gut. Dafür ein großes Danke!

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