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Gedanken

Identität – Oder die Suche nach dem Selbst

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Ist meine Identität festgelegt und damit unwiderruflich? Oder kann ich meine Identität komplett “neu erschaffen”, wie uns einige Persönlichkeits-Gurus weismachen wollen?

Es ist 8:30 Uhr. Ich trinke einen Espresso – endlich wieder (nach der ganzen Korn-Kaffee-Brühe). Gleich widme ich mich wieder meinen Webseiten. Ich möchte sie alle komplett neu gestalten. Meine Ideen dafür sprudeln über. Ja, richtig gehört. Ich habe 4 Webseiten – inklusive dieser Blog. Die Webseite für das Coaching, die für die Naturheilpraxis und die für Webseitengestaltung für Klienten. 

Ich habe mich viele Jahre lang herumgequält und mir einreden lassen, ich müsse mich für eine Sache entscheiden und mich auf diese dann voll fokussieren. «Was von all dem ist WIRKLICH Dein «Herzensbusiness»? Vielleicht ist es ja gar nichts von alldem. Mach Dich auf die Suche nach dem, was Dich WIRKLICH bewegt. Und vor allem: Mach Dich auf die Suche nach Dir selbst!»

Die Suche nach meiner Identität

Ganz besonders, wenn man aus einer Sekte aussteigt, hat man oft mit massiven Identitätsproblemen zu kämpfen. Wer bin ich, wenn ich nicht mehr zu einer Gruppe gehöre? Was will ich, wenn mein ganzer Lebensinhalt früher die Sektenziele waren? Wo wurde ich manipuliert? Wo werde ich heute noch manipuliert, ohne es zu bemerken? Was ist denn nun das wirklich richtige Weltbild, wenn ich nicht mehr an Teufel, Gott, Dämonen, Armageddon und Paradies glaube?

Ich tauchte in einige mir völlig fremde Weltanschauungen ein. Das war einerseits spannend, erweiterte meinen Horizont und half mir die alten Glaubensgebilde nach und nach abzubauen. Andererseits stellte ich aber auch hier über kurz oder lang fest, dass ich mich für nichts davon 100% entscheiden und so überzeugend darin aufgehen konnte, wie andere in meinem Umfeld das taten.

Die Welt ist bunt und mehrdeutig

Ich kann nicht mehr an eine absolute, unumstössliche Wahrheit glauben und lasse mir seitdem alles offen. Wundersamerweise habe ich festgestellt, dass genau dieses Eingeständnis der Unwissenheit mich freier gemacht hat, als alle Erklärungen über die Welt und das Jenseits, die ich bisher hörte. 

Sehnsucht nach Eindeutigkeit

Mit meiner Identität und dem Ausleben meiner Persönlichkeit verhält es sich übrigens ähnlich. Als ich in der Sekte war, hatte ich ein sogenanntes «Sekten-Ich». Meine Identität war extrem eng verknüpft mit den Vorstellungen und der Lebensweise dieser Gruppe. Fällt das weg, ist es erst einmal sehr schwierig, sich zurechtzufinden. Die Frage «Wer bin ich?» scheint dann absolut zentral und lebenswichtig zu sein.

In dieser Phase tauchte ich in diese verschiedenen Weltanschauungen ein, die gleichzeitig auch wieder die Identitätsfrage erklären wollen. Die Suche nach sich selbst.

Von der “Suche” zur “Sucht” ist es dann manchmal nicht mehr so weit.

Einige gehen dann sogar noch ein Stück weiter und erzählen davon, dass ich mich selbst komplett neu erschaffen kann und zwar genau so, wie ich es mir wünsche. Eine Identität ganz nach meinen Wünschen. Und was wünsche ich mir? Was will ich wirklich? Wenn ich das nicht weiss, dann fängt wieder alles von vorne bei der Suche an.

Wer bin ich?

Was ist denn Identität?

Diese Identitätsfrage berührt alle Bereiche des Lebens, wie zum Beispiel den Beruf. Bin ich nun eine Webdesignerin? Oder bin ich Coach? Oder widme ich mich der Naturheilkunde? Oder gehe ich nur noch im Schreiben auf? Bleibe ich komplett selbständig oder lass ich mich Teilzeit wieder anstellen? 

Es berührt auch die Frage der Herkunft. Ich wuchs in Deutschland auf und fühlte mich niemals deutsch. Ich verleugnete lange meinen bayrischen Dialekt und versuchte zeitweise Hochdeutsch zu sprechen, was natürlich alles andere als Hochdeutsch klang. Ich fühlte mich am ehesten ICH, wenn ich in Südamerika war. Heute lebe ich in der Schweiz, fühle mich hier mehr Zuhause, als jemals in Deutschland, kann mit Südamerika als «zu mir gehörend» eher weniger anfangen und freue mich, wenn ich erzählen kann, ich bin ursprünglich aus Bayern. 

Oder auch meine Vorlieben und mein Charakter: Bin ich eher die Nette und Hilfsbereite? Oder bin ich mehr die Kreative und Verrückte? Tendiere ich zu extrovertiert oder introvertiert? Andereseits, bin ich nicht auch manchmal ziemlich egoistisch und gar nicht mehr hilfsbereit? Was bin ich denn nun?

Muss denn wirklich alles und immer definiert werden?

Schon als Jugendliche und MIT Sekten-Ich machte ich jeden Persönlichkeitstest, den ich in die Finger kriegen konnte. Ich wollte auch da schon wissen, wer ich eigentlich bin. Wollte mich selbst in eine Schublade stecken können.

Wir denken, alles müsste definiert werden – an uns und an unserem Leben. Wir meinen, wir müssten herausfinden, wer wir WIRKLICH sind und glauben, dass es da etwas bestimmtes geben muss, das unabänderlich ist. Und wir suchen so lange, bis wir es gefunden haben.

Manchmal glauben wir, dass wir es nun endlich wüssten und authentisch leben könnten. Nur um dann ein paar Jahre später festzustellen, dass wir uns damit vielleicht auch nicht mehr wohlfühlen oder identifizieren können.

Es gibt aber auch diejenigen, die glauben, dass die Persönlichkeit und das eigene Leben unabänderlich sind. Dass ihre Identität und ihre Rolle in diesem Leben eine ganz bestimmte ist und sie daran nichts rütteln können. Mutter sein, Beamter sein, in einem Einfamilienhaus leben, Sportler sein, Karriere-Frau sein, einen bestimmten Beruf bis zur Rente ausüben, Christ sein, Moslem sein usw…

Mein Weg – Identität ist relativ

Ich lernte mich in den letzten Jahren besser kennen, als je zuvor. Einfach nur dadurch, dass ich meine Gefühle wahrnahm und erlebte, wo ich mich wohlfühlte und wo nicht. Welche Menschen ich mochte und welche nicht. Was mich total begeisterte und was mich extrem anwiderte. 

All das durfte ich in der Sekte nie wirklich zulassen. Denn es war vorgegeben, was ich wann fühlen sollte. Der Dienst für Gott musste Freude machen. Sex vor der Ehe und alles was nicht hetero ist, musste mich anekeln. Meine Glaubensbrüder musste ich lieben, egal wie unangenehm mir der ein oder andere war. Satan und Spiritismus musste ich hassen. Die Sektenlieder sollte ich toll finden und mitsingen.

Auf Armageddon (mit Milliarden von Toten als Konsequenz) musste ich mich freuen.

Ich habe für mich inzwischen einen Mittel-Weg gewählt. Ich nehme vieles an mir wahr, was mir vorher nicht bewusst war. Die Suche nach mir selbst ist nicht mehr so ausgeprägt, wie während und kurz nach dem Ausstieg. Die Identität kann und wird sich (auch ohne Sektenvergangenheit) immer wieder ändern, wenn sie darf.

Auch in der Psychologie gibt es keine einheitliche Definition darüber, was Identität ausmachet – wohl aber sehr viele Identitätstheorien. Es handelt sich hier schon fast eher um eine philosophische Frage als eine psychologische. Ich empfehle Dir hierzu 2 spannende Artikel: Warum unsere Identität sich ständig wandelt und Die Suche nach der eigenen Identität.

Identität und Beruf

Und so lasse ich mich auch beruflich nicht mehr nur auf eine Sache reduzieren. Denn ich liebe und lebe die Abwechslung. Ich bin sehr kreativ. So schreibe ich und designe Webseiten, Flyer, Visitenkarten usw. Andererseits interessiere ich mich schon mein Leben lang für Psychologie und helfe Menschen, sich selbst und ihre Stärken zu kennenzulernen. Und aufgrund eigener chronischer Erkrankungen machte ich mich auf ins Feld der Naturheilkunde und alternativer Medizinformen.

Als ich den Drang hatte, mich endlich für eines entscheiden zu müssen, hat mich das halb wahnsinnig gemacht. Jetzt kann ich es einfach laufen lassen und muss mich und nichts mehr um mich herum irgendwie definieren. Weder den Beruf, noch meine Persönlichkeit, noch mein Weltbild. 

Freiheit bedeutet für mich, dass viele Fragen offen bleiben dürfen. Dass nicht alles definiert und erklärt werden muss. Auch meine Persönlichkeit, die aus vielen, zum Teil widersprüchlichen Komponenten besteht, muss nicht in eine bestimmte Schublade passen. Denn im Lauf des Lebens werde ich in vielen Schubladen hintereinander oder auch gleichzeitig stecken, da meine aufgebaute oder von aussen geformte Identität sich ändern kann.

Und höchstwahrscheinlich auch wird.

Wenn Dich mehr interessiert, was ich mache, dann schau doch einfach mal auf meine Webseiten. Es wird sich zwar, wie gesagt, in den nächsten Wochen/Monaten einiges am Aufbau und Design ändern, aber das Grundlegende bleibt bestehen:

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