Trauma – Verarbeitung braucht Zeit

Heute geht es nur um meine ganz persönlichen Gefühle, mein Erleben im Alltag, wenn das Trauma wieder zuschlägt. Fachliches, Hilfestellung und Inspirationen zur Trauma – Heilung stelle ich Dir am Schluss vor.

Träume, Begeisterung, innere Ruhe…Von all dem habe ich oft ganz ganz viel im täglichen Erleben meines Alltags. Ich habe dann das Gefühl Bäume ausreissen und die Welt erobern zu können. 

Und von einem auf den anderen Moment werde ich aus diesem Hochgefühl direkt in einen dunklen Abgrund gezerrt, der droht: «Ich lass Dich nie mehr raus!»

Da ist diese Gefühlsmischung aus Wut, Trauer und Ohnmacht, die über mich herfällt, als hätte ich keine Chance, ihr zu entkommen. Und all das nur, weil für einen kurzen Moment Bilder meiner Familie und der nun schon 2 Jahre andauernden Zeit der Ächtung und des Kontaktabbruchs in meinem Geist auftauchten.

Das Trauma beherrscht den Alltag nicht mehr

Am Anfang haben mich diese Gefühle wochen-/monatelang beinahe lahmgelegt. Heute kommt dies nur alle paar Wochen vor und dauert dann höchstens einige Stunden. 

Ich bin froh, dass die Situation nicht mehr meinen Alltag beherrscht. Die Wucht, mit der diese Gefühle nach so langer Zeit allerdings überhaupt wieder auftauchen, ist für mich selbst manchmal unbegreiflich. 

Ich glaubte abgeschlossen und losgelassen zu haben. Und merke, dass mich immernoch ein seidener Faden mit all dem verbindet. Ich kann mir vorstellen, dass das bis an mein Lebensende so bestehen bleibt. 

Vergebungs- und Loslassrituale

Und da höre ich bereits den Aufschrei und die Lösungsvorschläge von Menschen, die glauben, dass man alles hinter sich bringen kann. Entweder mit dem richtigen Willen oder mit der richtigen Methode. Ich kann Dir sagen, dass ich bereits sehr viel ausprobiert habe. Von Vergebungsritualen, Loslass- und “im Feuer verbrennen” -Ritualen, über «die unsichtbaren Bänder» durchschneiden, die mich mit ihnen verbinden, bis zu Familienaufstellungen, usw…(Die Liste lässt sich lange fortführen).

Einiges davon brachte mir tatsächlich Erleichterung. Manches allerdings nur für einen kurzen Moment und dann war alles nach ein paar Tagen oder Wochen wieder da. Ich glaube inzwischen, dass in meinem Fall der Faktor Zeit und die Offenheit, dass alles geschehen kann und darf, den grössten Erfolg in der Trauma – Verarbeitung bringen werden. Es gibt manchmal einfach keine Abkürzung für das Durchlaufen der verschiedenen Phasen, selbst wenn das furchtbar schmerzt. 

Unschätzbare Momente

Menschen an meiner Seite, die mir in so einer Phase helfen, sind ebenfalls ein Hauptfaktor für meine Verarbeitung. Als ich heute vor Wut und Ohnmacht weinte, half mir der Mann an meiner Seite wieder sehr geduldig, ein wenig klarer zu sehen. Und schon konnte ich nicht nur alles aus einer anderen Perspektive sehen sondern auch fühlen.

Das sind für mich unschätzbare Momente! Und sie schweissen zusammen. Eine persönliche Krise wie diese birgt den Schatz, den wahren Wert von Freunden erst wirklich kennenzulernen.

Ich bin dankbar für das, was ich noch habe. Denn ich könnte auch wesentlich mehr verloren haben als «nur» meine Familie. Und ich hätte auch um einige schlimmeres als Kind erleben können, als nur den seelischen Missbrauch durch eine Sekte.

(Das waren meine Gedanken vom 23.8.2020 – ich kam nicht früher dazu, es online zu stellen…)

Weiterführende Links zum Thema Trauma:

Erklärung zu Trauma und Traumatherapie: Welche Möglichkeiten gibt es

Traumabewältigung: Hilfsmittel für eine schonende Behandlung: Information über einen neuen Ansatz. Hier wird auch Peter Levine erwähnt, der meines Erachtens Pionierarbeit auf dem Gebiet der Traumaforschung leistet. Dazu empfehle ich Dir folgendes Buch*, das mir einige neue Einsichten eröffnet hat:

Trauma ist eine Tatsache des Lebens. Es muss kein lebenslanges Verhängnis sein.

Dr. Peter A. Levine

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