Natalies Diary
Krise und Unsicherheit
Gedanken

Ertragen wir keine Unsicherheit?

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Ich habe folgende Meinung: Will ich mir selbst treu bleiben, dann muss ich mich und meine Meinung sogar ändern. Und ich muss die Worte “Ich weiss etwas nicht” aussprechen und denken können. Unsicherheit ist kein Makel, sondern menschlich und sogar wichtig.

Klingt erst mal paradox. Sollte ich nicht eher felsenfest zu etwas stehen, statt wie ein Fähnchen im Wind ständig meine Meinung zu ändern? Ich mache mir da seit vielen Jahren Gedanken. 

Mir wurde als Kind oft der Satz an den Kopf geworfen: «Du lebst ganz nach dem Motto: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?!». Und das war nicht positiv gemeint.

Nicht nur, dass ich meine Meinung über ein und dieselbe Sache oft änderte. Auch begeisterte mich an einem Tag etwas und am nächsten Tag fand ich es totlangweilig. Ich konnte oft gar nicht verstehen, wie man jahrelang so festgefahren auf dem gleichen Standpunkt verharren kann. 

Meinung ändern Natalie Barth

Zwar änderte ich meine Meinung und meine Begeisterung recht schnell, wenn sich was Besseres fand. Aber in einer Sache stand ich viel zu lange unverrückbar auf gleicher Position: Beim Glauben der Zeugen Jehovas. Ich verteidigte, überzeugte, missionierte jahrzehntelang und ignorierte permanent meine Zweifel, die durchaus schon viele Jahre vor dem Ausstieg vorhanden waren.

Im Nachhinein betrachtet lerne ich daraus, dass es nicht richtig oder falsch ist, seine Meinung öfter zu ändern. Oder ihr treu zu bleiben. Es kommt auf die Situation und vor allem die Motivation an.

In der Krise wollen wir keine Anführer, die ihre Meinung ändern oder Unsicherheit ausstrahlen

In einer Krise wie dieser haben Menschen, die felsenfest für etwas eintreten und keinen Zweifel zulassen, einen grossen Zulauf, auch wenn sie absoluten Schwachsinn und für das Allgemeinwohl gefährliche Botschaften verbreiten. Ihre Meinung hat sich seit Beginn der Krise zum Teil kaum geändert. Allein das macht sie für mich unglaubwürdig.

Ich beobachte seit Monaten: Ein «Guru» und «Experte» nach dem anderen tritt auf die Weltbühne und immer mehr Menschen jubeln ihnen zu, ohne wirklich zu hinterfragen und nachzuforschen. Hauptsache es geht gegen das bestehende Establishment und jemand tritt felsenfest für eine Sache ein. Da können sich Rechtsradikale, Impf-  und Maskengegner oder spirituell Erleuchtete schon mal einig sein. Und zu einem gewissen Teil verstehe ich das sogar sehr gut. Warum sage ich Dir später in diesem Artikel.

In Krisenzeiten fühlen wir Unsicherheit und auch Ängste. Das ist erst mal normal und rein menschlich. Entweder die Ängste werden dann weggedrückt und die Situation verharmlost, schöngeredet. «Wir brauchen keine Angst zu haben. Es reicht, wenn wir unser Immunsystem stärken.» Oder die Ängste werden gepflegt und vertiefen sich zu einer regelrechten Panik. Manche leiten dies auch um und haben nun nicht mehr vor der eigentlichen Gefahr Angst, sondern erschaffen sich einen neuen Feind, den es nun mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt (Bill Gates, WHO, die Regierung, Reptiloide, etc.)*

Darf ich meine Meinung ändern?

All diese Reaktionen sind nichts neues. Hat es schon immer gegeben und ist in der Geschichte der Menschheit sehr häufig anzutreffen. Jeder von uns durchläuft auch selbst unterschiedliche Phasen in so einer Krise. 

Vielleicht hat man das Geschehen am Anfang noch nicht so ernst genommen und sich gedacht «Was für eine Panikmache in den Medien. Das ist doch alles bloss eine harmlose Grippe!» Während sich die Lage entwickelte und man sich weitere Informationen beschaffte, haben manche festgestellt, dass es doch etwas ernster ist, als sie dachten und entsprechend reagiert. 

Andere wiederum hatten sich vielleicht von der Angst und Panik sofort mitreissen lassen, waren schockiert und steigerten sich in dieses Gefühl rein. Nachdem der erste Schock sich legte haben sie sich mehr Informationen geholt, sich selbst gestärkt und wissen nun, dass Vorsicht okay ist, aber die Panik eher hinderlich für ein gutes Immunsystem. 

Wieder andere haben sich von einer sehr plausibel erscheinenden Verschwörungstheorie mitreissen lassen oder sind auf Fake-News hereingefallen. Nachdem sie sich mehr Infos von verschiedenen Seiten beschafften, die Quellen prüften und nur noch das glaubten, für was es auch Beweise gab, haben sie ihre Meinung geändert.

Ja, man darf seine Meinung ändern. Man darf sich selbst ändern. Eine Krise verändert einen Menschen übrigens automatisch. Wer diese Veränderung nicht wahrhaben will und so weitermachen möchte wie davor, der bleibt sich selbst in keinster Weise treu. Wenn ich mir selbst unsicher bin, darf ich das auch so sagen. Ich muss nicht blind einem “Experten” hinterherrennen, der “es wissen muss”.

Warum Gurus und “Experten” so grossen Zulauf haben

Wenn sich Umstände ändern oder wir mehr Informationen erhalten, sind Änderungen unabdingbar. Aber genau das mögen wir nicht! Alles in uns sträubt sich gegen diese Veränderung. Wissenschaftler, die in so einer Situation dann sagen «Wir haben jetzt diesen Kenntnisstand.» und ein paar Woche später kommt die Kehrtwende, weil etwas Neues herausgefunden wurde, haben in so einer Situation mehr oder weniger die Arsch-Karte gezogen. Denn die Menschen wollen nicht hören, dass es Unsicherheit gibt. Sie wollen nicht haben, dass alle paar Wochen ihr Leben auf den Kopf gestellt wird und sie sich an wieder neue Massnahmen anpassen müssen. 

Menschen suchen in Krisen Sicherheit, weil sie die eigenen Ängste und Unsicherheiten kaum ertragen können. Und darum haben «Gurus» und «Experten», die mit einer überzeugenden Selbstverständlichkeit ihre Weisheiten kundtun, gerade jetzt ein so leichtes Spiel.

Genug ist genug

Hinzu kommt meiner Meinung nach, dass viele Politiker, die eigentlichen Führer eines Landes, in den letzten Jahren Misswirtschaft, ja sogar Ausbeutung betrieben und tatsächlich versagt haben. Das Vertrauen in die Politik ist über einen längeren Zeitraum mehr oder weniger flöten gegangen. Zum Teil auch zu Recht, würde ich sagen!

Die Corona-Krise hat das Fass eigentlich nur zum Überlaufen gebracht

Dass sich einige Menschen die von oben angeordneten Massnahmen nun nicht mehr gefallen lassen wollen, wundert mich nicht sonderlich. Es fördert auch nicht gerade das Vertrauen der Bevölkerung, wenn gemachte Fehler nicht offen eingestanden werden können, sondern permanent nur um den heissen Brei geredet wird und Rechtfertigen für offensichtliche Fehler gesucht werden.

Die Situation im Moment erinnert mich ein bischen an die Zeit vor und während der Machtergreifung Hitlers. Das Versagen der Politik und das Leid / die Wut der Menschen bieten den besten Nährboden, auf dem neue charismatische Anführer wachsen können. Weil sie sich auf die Seite des Volkes stellen und gleichzeitig Antworten und Sicherheit vermitteln, ist es schwer ihre wahren Motive zu erkennen. Oder manchmal auch nur ihre Geistesgestörtheit.

WENN mir etwas Angst gerade macht, dann genau dies.

Aus einem Artikel über Hitler habe ich folgendes: “Die Deutschen sahen sich damals in einer wirtschaftlichen und politischen Krise, obendrein waren sie anfällig dafür, charismatischen Kräften zu folgen.” (Quelle: Die Zeit)

Ein Plädoyer für mehr Unsicherheit – Meinung ändern erwünscht

Ich gebe zu, es ist nicht wirklich einfach, sich selbst einzugestehen, dass man sich gründlich getäuscht hat. Dass man über manche Dinge, von denen man vorher sehr überzeugt war und das auch kundgetan hat, heute ganz anders denkt. Ich denke über einige Aspekte in dieser Krise auch ganz anders als noch vor ein paar Monaten.

Und ich weiss, es ist nicht gerade populär, ja es fühlt sich manchmal sogar peinlich an. Aber sich selbst ändern, die eigene Meinung ändern, vielleicht sogar eine Kehrtwende um 180 Grad machen, ist das ehrlichste, das man tun kann. Vorausgesetzt es geschieht aus den richtigen Motiven. Wenn ich meine Meinung nur deshalb ändere, weil ich keine Lust auf Stress mit meinem Umfeld habe oder zu faul zum selbst Nachforschen bin, dann bin ich tatsächlich nur ein Fähnchen im Wind.

Wenn ich allerdings neue Informationen aufnehme und mein Wissensstand sich mehr und mehr weitet und eine andere Sicht auf die Dinge freigibt, dann wäre ich sehr dumm, wenn ich meine Meinung nicht ändern und mein Verhalten anpassen würde. 

Zudem: Wenn ich etwas nicht genau weiss, darf ich auch einfach sagen “Ich/Wir wissen es im Moment (noch) nicht.” Unsicherheit über eine Sache und Nicht-Wissen über alle Details sind doch nicht negativ! Sondern menschlich.

Ein Wissenschaftler, der seine Erkenntnisse nicht ständig revidiert und anpasst, ist kein seriöser Wissenschaftler. Und ich finde, das trifft auf uns alle zu. Sind wir seriös, sind wir ehrlich, wenn wir wider besseres Wissen auf dem gleichen Standpunkt verharren? Oder uns neuen Informationen gar verweigern? Wenn wir nicht ehrlich unsere Grenzen anerkennen und sagen können: “Ich selbst habe da im Moment keine ausreichenden Kenntnisse.”

Eine Theaterinszenierung und mein “Geschwätz von gestern”

Wenn unser gewohntes Leben und der Lebensstandard bedroht sind, dann wollen wir diese Veränderung nicht. Sie ist kompliziert, sie macht Angst, sie bedroht vielleicht sogar wirklich unsere Existenz. Und dann ist uns anscheinend jeder willkommen, der sagt, dass es diese Veränderung auch gar nicht bräuchte. Dass alles nur Lug und Trug, eine Theaterinszenierung und ein abgekartetes Spiel sind. 

Ganz ehrlich? Ich schliesse diese Option für mich nicht gänzlich aus. In der Geschichte gab es immer wieder Verschwörungen. Das ist genauso eine Tatsache, wie die, dass es Pandemien mit Millionen von Todesopfern gab.

Allerdings halte ich es zum momentanen Zeitpunkt für sehr unwahrscheinlich. Denn es wäre ein ganz schön amateurhaftes Theaterstück. Jemandem, der seit langer Zeit auf hinterlistige Art die Weltherrschaft an sich reissen möchten, traue ich mehr Intelligenz zu.

Das ist mein jetziger Kenntnisstand. Und der kann sich wieder ändern. Ich sag’s nur. Nicht dass es dann irgendwann heisst «Aber Du hast doch mal gesagt….». 

Inzwischen mag ich den Satz ganz gerne, der mir immer vorgeworfen wurde: «Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?!»

*Ich bin im übrigen nicht gekauft, weder von der WHO, noch von irgendeiner Regierung, noch bin ich von einem Echsenmenschen infiltriert. Aber wenn Du an sowas glaubst, glaubst Du mir sowieso nicht…;-)

Zitat Spruch Natalies Diary
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2 Comments

  • Ash-Li

    Es ist immer gut, sich selbst und seine Einstellungen und Meinungen zu hinterfragen. Wenn man feststellt, dass etwas nicht mehr stimmig ist, sollte man sich nicht scheuen dieses zu ändern. – Auch der Körper verändert sich alle sieben Jahre. Die Zellen erneuern sich.

    Ach ja… Bezüglich “In der Krise wollen wir keine Anführer, die ihre Meinung ändern”: Wer hätte es gedacht! Ich will zu keiner Zeit einen Anführer. Weder einen, der seine Meinung immer ändert, noch einen, der in seinen Ansichten in Beton gegossen ist. 😉 🙂

    • Natalie

      Da hast Du recht, liebe Ash-Li. Ich ich will auch keinen Anführer (mehr). Die meisten Menschen orientieren sich leider in fast allen Lebensbereich aber an Führungspersonen und wollen nicht selbst nachdenken und entscheiden. Auf der anderen Seite, wir leben nun mal nicht in einer Anarchie, sondern unter gewissen “Anführern”, die Verantwortung und Aufgaben im Staat übernehmen. Und inzwischen bin ich auch der Meinung, das braucht es, denn die Freiheit, die jeder glaubt zu haben, wird auch ganz schnell ausgenutzt und das eigene Ego über alles gestellt. So kann ein Staat nicht funktionieren. Ich anerkenne auch, dass ich jemandem, der in einem Gebiet mehr Ahnung hat, als ich mir etwas sagen darf.

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