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Sekte

Feuer und Flow – Wie ich wieder dazu fand

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Diese Woche hat mich richtig, richtig aufgewühlt und emotional eine totale Achterbahn verursacht. Wow! Von Feuer und Flow bis “tiefer Abgrund” war alles dabei.

Da war dieses Gespräch mit der Journalistin am Dienstag, einige Stunden mit Fotos und Filmaufnahmen. Ob all das so verwendet wird, weiss ich nicht, aber allein, dass die halbe Schweizer Nation meine Geschichte und mein Gesicht dazu mitkriegen KÖNNTE, versetzt mir jedes Mal einen kleinen Stromschlag.

Ich weiss, dass es wichtig ist, offen über all das zu sprechen.

Für mich.

Für andere.

Aber mulmig ist mir dabei schon. 

Inneres Feuer und Flow verkümmert?

Und während ich warte, wann der Artikel veröffentlicht wird und was genau denn jetzt erscheint (nach den letzten Infos nur ein paar kleine Zitate zur Ächtung durch meine Eltern, die Zeugen Jehovas sind), gehen die Gedanken und Gefühle auf Wanderschaft. 

Sie streifen vorbei an alten, vergangenen Begebenheiten aus meiner Kindheit, aus meinen Teenagerjahren und aus meiner langsamen Verkümmerung meines inneren Feuers, das diese Sekte mit ihren Lehren und ihrem Druck irgendwann ganz zum Ersticken brachte. 

Das dachte ich bis vor einigen Jahren zumindest noch, nämlich dass da NICHTS mehr übrig ist in mir, für das ich mal brannte. Selbst das Tagebuch- und Gedichte-Schreiben nahm irgendwann mehr und mehr ab. Ich hatte keinen wirklichen Zugang mehr zu meinen wahren Gefühlen. Ich verkümmerte wie eine Pflanze, die kein Wasser bekommt.

Das “wirkliche” Leben, Feuer und Flow darf ich erst im Paradies erwarten

Warum verkümmerte ich wie so eine Pflanze ohne Wasser? Das fragte ich mich all die Jahre immer wieder. Ich dachte (so wurde es mir beigebracht in dieser Sekte), dass das „böse System“ in dem wir leben, Schuld hat. Dass Satan und die Dämonen versuchen uns jegliche Energie zu rauben. Dass das WIRKLICHE Leben irgendwo in der Zukunft wartet und das JETZIGE Leben einfach nur Übergang ist, etwas, das ich halt einfach aushalten muss, denn „die ganze Welt liegt in der Macht dessen der böse ist“. Ich nahm dieses „Abgestorbensein“ in mir als etwas Unabänderliches hin. Ich vegetierte vor mich hin und glaubte, das muss so sein.

“Das Feuer kommt erst wieder, wenn das versprochene Paradies auf dieser Erde Einzug gehalten hat.”

Aber ich täuschte mich. Da war all die Jahre eine Glut. Das Feuer wurde nie ganz ausgelöscht.

Schreiben ist mein Flow

Wie sehr dieses Feuer noch da sein kann, wie sehr es mich packen kann, das erlebe ich gerade in den letzten Wochen und Monaten durch das Eintauchen in genau diese Vergangenheiten und das Schreiben darüber.  Wie schon in einem anderen Artikel erwähnt: Wenn ich schreibe, dann BIN ich. Ich liebe es, alles in kreativer Art und Weise rauslassen zu können, was in meinen Gehirnwindungen nach Ausdruck sucht. 

Dass ich so einen Tagebuch-Blog schreiben möchte, weiss ich erst seit zwei Wochen. Davor schrieb und schrieb und schrieb ich Artikel über meine aktuelle Gefühlslage und Gedankenwelt – und bemerkte, wie sehr ich dieses Ventil des Schreibens für mein Leben brauche. Erst diese Woche entschied ich mich für eine bestimmte Art, meinen Blog aufzusetzen, arbeitete mich in das Programm ein, verzweifelte mehrere Male an den technischen Details und habe es doch geschafft. 

Was das Feuer in mir noch anrichten kann, wozu es mich treibt, erlebte ich speziell in den letzten beiden Tagen…

… als ich vor lauter „Blog“ und „Flow“ nicht mal mehr ass und trank, ja sogar vergass aufs WC zu gehen. Gut, das letzte holte ich dann doch irgendwann mit schmerzender Blase nach, muss ich ehrlicherweise eingestehen. 

Das Ergebnis dieser Begeisterung

Das Ergebnis ist nun, dass nach zwei Tagen und stundenlanger Arbeit mein Blog steht und bereits die ersten Artikel enthält. Ich glaube, so megastolz auf mich selbst war ich lange nicht mehr. 

Die Begeisterung trieb mich an, der Flow, das Feuer, die Leidenschaft – wie auch immer man es nennen mag. 

Die Ursache dafür ist eigentlich eine traurige, nämlich die schwierige Vergangenheit, das Sektendrama,  der Ausstiegsweg, die Ächtung durch Familie und Freunde.

Das Ergebnis, diese Erlebnisse in etwas Kreatives umzuwandeln, ist für mich selbst überraschend und gibt mir das Gefühl etwas wirklich Sinnvolles aus diesem ganzen Drama machen zu können. Mir persönlich hilft das, die Ächtung durch meine Zeugen-Jehovas-Familie und die verpassten Gelegenheiten meiner Jugend irgendwie auf die Reihe zu kriegen.

Das Feuer ist noch da

Das Feuer ist auch noch da, wenn ich auf Menschen treffe, die mich berühren und begeistern. Wenn ich mich auf einen Flirt einlasse. Wenn ich ausgelassen tanze.

Oder wenn ich singe (einfach nur aus Spass), was ich in den letzten Monaten für mich entdeckt habe. Und bei ganz vielen kleinen Momenten, wo ich einfach lebe und nichts zurückhalte – ja, genau da spüre ich eine unendliche Dankbarkeit, weil das Feuer noch immer da ist und nie ganz weg war.

Die Sekte hat mir viel genommen. Sie hat mein Herz verletzt und meinen Verstand geknechtet. Aber sie hat mich nicht endgültig niedergeworfen, denn jetzt stehe ich wieder und fühle, dass da mehr HEIL als KRANK ist, mehr GANZ als KAPUTT, mehr Stärke in mir als man mir Schwachheit einreden konnte.

Und dieses Feuer, dieser Flow, diese Leidenschaft findet mehr und mehr ihren Weg zurück in mein Leben.

Inspirationen und Empfehlungen zusätzlich
Bücher, Webseiten, Videos

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