Sozial geächtet

Gestern fand mein Mann auf Instagram einen früheren Freund von mir, mit dem ich immer gerne philosophierte, als ich noch bei den Zeugen Jehovas war. 

Wir, mein Mann und ich, abonnierten ihn beide. Ich sah, dass er ein Buch geschrieben hatte und nun einen Verlag sucht, das fand ich sehr spannend, da ich ja ebenfalls gerade mein erstes Buch schreibe. 

Heute wurde ich „entfolgt“. Ich darf also als ehemaliger Zeuge Jehovas nicht mal mehr ein Follower bei Instagram sein.

Nicht nur, dass der persönliche Kontakt verboten ist, das wusste ich ja, ich kenne die Regeln bei der Sekte. Nein, ich bin wohl inwzischen so eine bekannte Persona non grata, dass ich nicht mal mehr ein Anrecht darauf habe, ein Follower zu sein.

Es ist einerseits lächerlich. Andererseits wurmt es mich sehr. Bei manchen Menschen macht es mir nichts mehr aus, dass ich sozial geächtet werde. Aber dieses Erlebnis empfand ich jetzt einfach schon wie eine heftige Klatsche ins Gesicht. Ich freute mich einfach, zu sehen, was er so macht.

Warum stört es mich gerade bei ihm so? Er war auch nie so mega „geistig“ drauf als ein Zeuge Jehovas. Wir haben uns damals einfach gut verstanden und dann nur aus einem Grund aus den Augen verloren: Weil er nach Berlin zog und wir einfach verschiedene Leben hatten.

Ich hatte also Jahre (schon vor meinem offiziellen Ausstieg aus der Sekte) keinen Kontakt mehr mit ihm, aber nicht aus Böswilligkeit. Wenn ich jetzt einfach entfolgt werde, ist das schon wie „Du blödes Miststück, mit Dir will ich nichts mehr zu tun haben“.

Manchmal frage ich mich, ob ich es je ganz überwinden kann, dieses Gefühl, das man menschlicherweise hat, wenn man sozial geächtet wird von Menschen, die einem mal viel bedeuteten haben und von denen man immer den Eindruck hatte, das beruhe auf Gegenseitigkeit.